Ultraschallgerät zählt Gasblasen im Blut

GAMPT aus Merseburg forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Medizintechnik.

Grit Oblonczek spricht von Gasemboli und Patientensicherheit im Zusammenhang mit dem Ultraschall-Messgerät, das die GAMPT mbH entwickelt hat. „Gasbläschen“, sagt die Physikerin, „können Gefäße im Körper ebenso verstopfen wie Blutgerinnsel.“ Bei großen Operationen wie der am offenen Herzen oder bei Transplantationen läuft der Blutkreislauf über eine Herz-Lungen-Maschine. Dabei kann es zu einer überhöhten Konzentration von Mikrobläschen kommen, die für postoperative neurophysiologische Schäden, sogar für Herzinfarkt oder Schlaganfall verantwortlich sein können. Herz-Zentren und Kliniken, die dieses Risiko erkannt haben, sind Kunden des innovativen Unternehmens in Merseburg. Vor zehn Jahren brachte es den Bubble Counter auf den Markt.

Grit Oblonczek steht vor drei gepackten Versandkisten. Die mit dem kürzesten Weg ist an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg adressiert. Der Inhalt: ein Ultraschall-Ausbildungsgerät mit medizinischer Anwendung. Neben dem Medizinstudium bietet die Uni auch den Studiengang Medizinische Physik an. „Ultraschall inklusive und möglichst praxisbezogen“, sagt Grit Oblonczek. Mit dem Gerät liefert ihr Unternehmen Modelle von Brust, Arm und Auge gleich mit. Sie sind aus Materialien, die für Ultraschall-Untersuchungen gut geeignet sind.

„Die anderen beiden Geräte gehen nach Algerien und in die USA“, zeigt Grit Oblonczek im Vorbeigehen auf die Kisten, die sie noch für den Zoll fertig machen muss. Sie führt durch die Produktionsräume ihres mittelständischen Unternehmens. An den Werkbänken wird gebohrt und geschraubt, werden Leiterplatten montiert und in die Gehäuse eingebaut. Die hochwertigen Ultraschall-Messgeräte werden auf Bestellung produziert. Die Aufträge kommen aus dem wachsenden Bereich der Ausbildung und aus dem Bereich der Schallfeldmesstechnik u.a. zur Qualitätssicherung und -kontrolle in der Industrie und Medizin.

Mit dem Bubble Counter, einem Messgerät, das in Flüssigkeiten die Anzahl von Mikroblasen und deren Größe zwischen 5 und 500 Mikrometern ermitteln kann, erobert sich GAMPT seit seiner Gründung den Markt der Medizintechnik.

Wir sind im Kalibrierlabor angekommen. Hier hängen die zum Bubble Counter gehörenden Sonden für die Mikroblasendetektion. Wenn sie im Einsatz sind, schicken sie an bestimmten Messpunkten Ultraschall in den Blutschlauch. Die Gasbläschen senden je nach Größe den Schall in unterschiedlicher Stärke zurück, so dass das Messgerät die Anzahl der Mikroblasen und deren Durchmesser ermitteln kann.

GAMPT ist die Abkürzung für „Gesellschaft für Angewandte Medizinische Physik und Technik“. Deren Gründer waren Wissenschaftler am „Institut für Angewandte Medizinische Physik und Technik“ der Uni Halle und tauschten einfach einen Buchstaben aus. Der Impuls für die Ausgründung 1998 war ein Auftrag zur Entwicklung eines Gerätes, das Gasblasen im Blut zählen kann. Eine deutsche Firma wollte solch ein Gerät zu Forschungszwecken haben. Der Auftrag ging nicht von ungefähr nach Halle. Die Entwicklung der Ultraschalltechnik wird seit Jahrzehnten von hier aus vorangetrieben, und die Uni besitzt auch auf diesem Gebiet einen guten Ruf.

Aus dem Prototyp entwickelte sich der Bubble Counter. „Bekommt ein neuer Kunde einen Bubble Counter von uns, führen wir selbst die Einweisung im OP-Raum durch“, sagt Grit Oblonczek. Die promovierte Physikerin war 2008 in das Unternehmen eingestiegen.

Bei GAMPT ist sie für Marketing und Vertrieb verantwortlich. Der Exportanteil der Produktion beträgt mittlerweile mehr als 60 Prozent. Die Ultraschallmessgeräte gehen u.a. nach Skandinavien und Russland, in die Niederlande und in die Schweiz, nach Kanada, Großbritannien, Spanien und Italien, in die USA, nach Saudi-Arabien und Asien.

„Bekommt ein neuer Kunde ein Gerät von uns, führen wir selbst die Einweisung im OP-Raum durch“, sagt Grit Oblonczek. Für den Bubble Counter interessieren sich Herzzentren und Uni-Kliniken deutschlandweit und im Ausland. „Sie werden auf Messen auf uns aufmerksam aber vor allem durch Referenzen“, sagt die Vertriebschefin und erwähnt allen voran natürlich die Martin-Luther-Universität sowie das Great Ormond Street Hospital, eine Kinder-Herzklinik in London.

Aktuell „modernisieren“ die GAMPT-Wissenschaftler das Innenleben ihres Bubble Counters. Die nächste Generation des Ultraschallgerätes wird noch schneller messen, noch mehr Daten aufnehmen und diese in noch kleineren Zeitfenstern auswerten können.

Unter den 20 Mitarbeitern im Unternehmen sind 15 Wissenschaftler. Da liegt es nahe, dass sich das Unternehmen auch als „Problemlöser“ versteht. Soll heißen: GAMPT befasst sich auf Wunsch des Kunden mit Grundlagenforschung und entwickelt Sensoren, Module oder Komplettsysteme für Unternehmen aus Medizin und Technik.

Wir entwickeln auch Projekte gemeinsam mit wissenschaftlichen Einrichtungen und anderen Firmen“, sagt Grit Oblonczek und betont, dass man sich in der Region Halle, wo einige Ultraschall-Firmen angesiedelt sind, nicht als Konkurrenten sieht. Hier wird die geballte Kompetenz genutzt, um sich gegenseitig zu ergänzen.

Mit der Charité-Universitätsmedizin Berlin wird derzeit eine Liege mit eingebautem Lautsprecher entwickelt, dessen Vibrationen das Körpergewebe zu Kompressionen anregen. Diese werden per Ultraschall gemessen und geben Aussagen über die Elastizität des Gewebes. Das Innovative daran: „Ultraschall kann noch in Körperregionen vordringen, die der Arzt nicht mehr manuell ertasten kann“, erklärt Grit Oblonczek. So könne man künftig auf dieser Liege die Elastizität der Herzwand bei schlagendem Herzen des Patienten messen. Auch eine nichtinvasive Gewebeuntersuchung an der Leber werde per Ultraschall möglich sein.

Autorin: Kathrain Graubaum (Text/Foto)

BU: Grit Oblonczek zeigt im Kalibierlabor von GAMPT die zum Bubble Counter gehörenden Ultraschall-Sonden. Sie messen Anzahl und Größe von Gasbläschen im Blut.

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